Anlässlich der Verabschiedung des Haushalts 2021 hielt der Vorsitzende der SPD-Fraktion Patrick Schlüter folgende Rede:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren!
Vorweg möchte ich im Namen der SPD-Fraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowie des Bauhofes für ihr großes Engagement und ihre außergewöhnlichen Leistungen in den vergangenen Monaten danken!
Die Corona-Pandemie – und in den letzten Tagen ungewöhnlich starker Schneefall – hat ihnen allen viel abverlangt, während das Tagesgeschäft nicht vernachlässigt werden durfte.
Die SPD-Fraktion dankt Ihnen sehr für die geleistete Arbeit!
Nun zum Haushalt:
Es waren besondere Beratungen in einer besonderen Zeit.
Dass die SPD-Fraktion diesem Haushalt sowie dem Stellenplan zustimmen wird, dürfte an dieser Stelle keine wirkliche Überraschung sein.
Wir freuen uns, dass sich nach den Diskussionen im Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsausschuss im November 2019 nun die damaligen Argumentationen der SPD-Fraktion durchgesetzt haben und nun beschlossen wurde, ein größeres Konzept für den Grundschulstandort Peckeloh einzuplanen und in den nächsten Jahren umzusetzen.
Leider haben wir hierdurch mehr als ein Jahr verloren, das wir für die Steigerung der Attraktivität des Standortes hätten nutzen können.
Dass diese dringend notwendig ist, sehen wir nicht erst an den diesjährigen Schülerzahlen.
Der Ortsteil Peckeloh ist durch den Bürgermeister in den letzten Jahren recht stiefmütterlich behandelt worden. Das führt nun unter anderem dazu, dass die rote Laterne der Grundschulstandorte aus Bockhorst nach Peckeloh rüber gewechselt ist.
Gegen diesen Trend der sinkenden Schülerzahlen in Peckeloh müssen wir dringend arbeiten, daher begrüßen wir, dass nach einem Jahr Pause der Politik nun doch als einen Schritt ein umfassenderes Konzept für den Grundschulstandort zur Beschlussfassung vorgelegt wurde.
Wir haben dem gerne in den Ausschüssen zugestimmt und wünschen uns, dass die Lernwürfel des Konzeptes auch im Obergeschoss, soweit das brandschutzrechtlich möglich ist, umgesetzt werden. Das stärkt noch einmal, wie Frau Rosemann im Fachausschuss bestätigte, das Profil der Schule mit der flexiblen Eingangsstufe, die am Standort Peckeloh umgesetzt wird.
Wir hoffen, dass auch alle anderen Fraktionen diesen Weg bis zum Ende des geplanten Investitionszeitraumes in 2025 mitgehen werden.
Neben der Aufwertung des in die Jahre gekommenen Grundschulstandortes Peckeloh, müssen wir aber auch Perspektiven für neues Bauland in Peckeloh und an anderen Stellen in Versmold entwickeln.
Baulandentwicklung heißt für uns nicht nur das klassische Einfamilienhaus, sondern auch Mehrfamilienhäuser und andere Wohnformen.
Wir brauchen mehr Wohnraum in unserer Stadt. Wir brauchen aber auch mehr Wohnraum für Menschen, die nur über geringere Einkommen verfügen.
Die Umzugsketten, von denen der Herr Bürgermeister so gerne seit Jahren spricht, sind unserer Wahrnehmung nach nicht mehr als ein frommer Wunsch.
Ketten und wesentliche Effekte daraus haben wir bisher nicht erkannt.
Grade Menschen, die ihr Glück außerhalb der klassischen Familienkonstellation gefunden haben, suchen in Versmold lange – und teilweise vergeblich – nach der passenden Wohnung.
Einige unter uns sollten sich von der Vorstellung trennen, dass es Menschen gibt, die nur in ein Einfamilienhaus mit Carport und Stellplatz ziehen wollen. Viele wären für das simple „Zwei Zimmer, Küche, Bad“ zu bezahlbaren Konditionen schon mehr als dankbar.
Zunehmend müssen wir aber auch neue Wohnformen in Blick nehmen. Impulse für eine soziale und ökologische Stadtentwickelung setzen und Formen des gemeinschaftlichen Wohnens für Jung und Alt, preiswertes und dennoch qualitativ gutes Wohnen auf kleinem Raum, aber auch flexibles und temporäres Wohnen mit in unsere Überlegungen mit einbeziehen. Die Wohnungsnachfrage orientiert sich zunehmend an spezifischen Wohnwünschen in unterschiedlichen Lebensphasen mit unterschiedlichen Einkommenssituationen. Die Nachfrage wird immer bunter. Dem müssen wir uns stellen.
Wir dürfen diese Entwicklungen nicht aus dem Blick verlieren. Wir müssen uns auch verstärkt mit dem Thema Bezahlbarer Wohnraum beschäftigen und nach Mitteln und Wegen suchen, diesen auch zu entwickeln. Lassen Sie uns alle mutiger sein und uns nicht achselzuckend mit einem Verweis auf die vermeintlichen schlechten Rahmenbedingungen zufriedengeben, sondern gemeinsam nach Wegen und Lösungen suchen. Auch hier heißt es für uns, wenn der Markt versagt, dann müssen andere Lösungen durchdacht und angegangen werden.
Die Neubaupläne des Grundschulstandortes Bockhorst freuen uns sehr, allerdings sind wir vom vorgeschlagenen Raumprogramm noch nicht vollends überzeugt. Nachfragen beim Förderverein des Grundschulstandortes Bockhorst, der die dortige Randstunde Plus betreibt, ergaben, dass diese bisher noch gar nicht in die Planungen mit einbezogen wurden.
Die nahezu alle Fraktionen beschäftigende Frage ist, ob das vorgeschlagene Raumprogramm wirklich kompatibel mit Randstunde Plus und in der Zukunft ggf. auch einer OGS am Standort Bockhorst ist. Die OGS bzw. die Quote der Schülerinnen und Schüler des Standortes Bockhorst, die an der OGS teilnehmen, ist mit gut 10 % im Quervergleich sehr gering. Herr Finke bestätigte im Fachausschuss, dass gerade der Transport der Kinder an den Standort Loxten für viele Eltern abschreckend ist und sie von einer Anmeldung zur OGS abhält.
Bevor die Pläne abschließend im April beschlossen werden, brauchen wir einen vernünftigen Austausch darüber, ob das vorgesehene Raumprogramm wirklich, nur um eine abgesetzt nachträglich erbaute „Mensa“ ergänzt, dann als Gesamtkonstrukt geeignet ist, die Randstunde und eine OGS mit all ihren Facetten aufzunehmen. Die Aussagen der Verwaltung und des Architekten in den bisherigen Beratungen haben unsere Zweifel noch nicht zerstreuen können. Die öffentliche Hand macht zu oft die Fehler, dass Gebäude schon beim Bezug zu klein sind. Diese möglichen Fehler will meine Fraktion von Anfang an ausschließen.
Wir stehen zu den Neubauplänen, wollen aber das wirklich benötigte Raumprogramm für Bockhorst.
Eine der weiteren zentralen Herausforderungen für Versmold ist die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auch in der Zukunft. Im vergangenen Hauptausschuss haben wir Förderrichtlinien verabschiedet. Ein erster Schritt, nicht mehr und nicht weniger. Das Thema bewegt viele Versmolderinnen und Versmolder, wie wir vermutlich alle in regelmäßigen Gesprächen immer wieder erfahren – aus unserer Sicht müssen wir daher weitere Schritte gehen, um am Ende erfolgreich sein zu können.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, machen Sie das Thema endlich zur Chefsache. Bilden Sie einen runden Tisch unter Einbindung aller beteiligten Akteure aus dem Bereich. Möglicherweise müssen wir feststellen, dass auch an dieser Stelle der Markt gescheitert ist und wir kommunal agieren müssen, damit die Versmolderinnen und Versmolder nicht in einigen Jahren weite Wege zu ihren Ärzten auf sich nehmen müssen.
Wir erneuern an dieser Stelle auch noch einmal unsere Forderung nach einem Radwegekonzept.
Die Abarbeitung von Meldungen zu Gefahrenstellen für Radfahrerinnen und Radfahrer in einem Arbeitskreis, der kaum den Namen verdient hat, kann die konzeptionelle Arbeit für ein Fahrradfreundliches Versmold nicht ersetzen, sie kann sie maximal ergänzen. Die Befürworter eines alleinigen Arbeitskreises verkennen aus unserer Sicht die Veränderungen in der Mobilität in den nächsten Jahren.
Es gibt ein neues Förderprogramm des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Im Rahmen des mit den Ländern abgestimmten Sonderprogramm „Stadt und Land“ können Länder und Kommunen ab sofort erstmals Bundesmittel für Radverkehrsinfrastrukturprojekte vor Ort abrufen. Für das Programm stehen bis 2023 bis zu rund 660 Mio. € bereit.
Mit diesem Sonderprogramm sollen Radfahrende bundesweit unterstützt, geschützt und gestärkt werden. Außerdem soll mehr Verkehr auf den klimafreundlichen Radverkehr verlagert werden – insbesondere auch im ländlichen Raum. Die Finanzhilfen des Bundes sollen für Investitionen eingesetzt werden, die die Attraktivität und Sicherheit des Radfahrens erhöhen und zum Aufbau einer möglichst lückenlosen Radinfrastruktur beitragen. Außerdem soll der Radverkehr besser mit anderen Verkehrsträgern vernetzt und der zunehmende Lastenradverkehr berücksichtigt werden.
Um diese Ziele zu erreichen, werden im Rahmen des neuen Sonderprogramms u.a. gefördert:
- der Neu-, Um- und Ausbau flächendeckender, möglichst getrennter und sicherer Radverkehrsnetze,
- eigenständige Radwege,
- Abstellanlagen und Fahrradparkhäusern,
- Lastenradverkehr und
- die Erstellung von erforderlichen Radverkehrskonzepten zur Verknüpfung der einzelnen Verkehrsträger.
Die Maßnahmen der Länder und Kommunen werden mit bis zu 75 % der förderfähigen Kosten unterstützt. Zur Entlastung der Länder und Kommunen während der Corona-Pandemie können die Maßnahmen bis zum 31.12.2021 sogar mit bis zu 80 % gefördert werden.
Selbst im Bundesministerium, dass bisher selten für vorwärtsgewandte Mobilitätspolitik aufgefallen ist, hat man erkannt, was einer der Schwerpunkte der nächsten Jahre in der Weiterentwicklung der Mobilität sein wird. Diese Chance einer Förderung auf dem Weg zu einem Fahrradfreundlichen Versmold sollten wir uns nicht entgehen lassen.
Gemeinsam mit der Fraktion der Grünen beantragen wir die erforderlichen Mittel für ein durch das neu aufgelegte Bundesprogramm gefördertes Radwegekonzept für Versmold.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
denken sie noch einmal nach – ein Konzept steht immer am Anfang eines Prozesses zur Verbesserung einer Situation. Wir wollen die Situationen für Rad fahrende Menschen in unserem Versmold verbessern. Wir dürfen nicht weiterhin an der alleinig auf den Kraftfahrzeugverkehr ausgerichteten Verkehrsplanung festhalten, auch hier verändern sich die Anforderungen der modernen Gesellschaft rasant.
Wir laden Sie ein, diesen Weg für Versmold mit zu unterstützen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Es gilt das gesprochene Wort.