Am Freitag, den 6. April 2018, sprach Simone Lange in Rheine. Im Rahmen ihrer Deutschland-Tour stellt sie sich und ihre politischen Inhalte der Partei-Basis vor und wirbt dabei um die Unterstützung ihrer Kandidatur für den SPD-Vorsitz. Diese ist ihr von der Versmolder SPD bereits sicher. Nun nutzten vier Mitglieder der Versmolder SPD die Gelegenheit, ihre Kandidatin persönlich kennenzulernen.
Das Interesse an der Veranstaltung war so groß, dass man im gut gefüllten Festsaal der Gaststätte „Zum Uhlenhook“ sogar Gäste aus Gelsenkirchen begrüßen durfte.
Dann ergriff Simone Lange das Wort und gewährte den Zuhörern zunächst einen Einblick in ihren Lebenslauf. So habe sie – 1976 im thüringischen Rudolstadt geboren – mit 13 Jahren die Wiedervereinigung und die Wende bewusst erlebt. Sie erkannte, dass es möglich war, in einer Diktatur aufzuwachsen, ohne es zu merken. Seitdem war die Frage der Gerechtigkeit eine treibende Kraft für sie. Auch deshalb entschied sie sich, Polizistin zu werden und zog direkt nach dem Abitur nach Schleswig-Holstein. Nach dem Studium war sie dann bei der Kriminalpolizei tätig.
Gerechtigkeit, Glaubwürdigkeit und der Umgang untereinander
Im Jahre 2003 trat sie aus dem gleichen Beweggrund in die SPD ein und hatte seitdem verschiedene Parteiämter inne. Zur Zeit ist Simone Lange amtierende Oberbürgermeisterin von Flensburg.
Sie schilderte, wie sie zu dem Entschluss gekommen sei für den Partei-Vorsitz zu kandidieren und wie die Partei damit umgegangen sei. So meldet die Homepage der SPD erst seit ein paar Tagen, dass sich auch Simone Lange um den Posten bewirbt.
Umso mehr steht für sie fest, dass man vor allem in der Partei am Umgang miteinander zu arbeiten habe. Glaubwürdigkeit und Transparenz sind für Simone Lange entscheidene Themen. Nur so könne man die Menschen wieder für sich gewinnen, zeigte sie sich überzeugt. Es gelte das alte Motto zu „machen, was man sagt und zu sagen, was man macht“.
Basiskongresse statt „Kraftzentrum“
Als Vorsitzende der SPD will sie ihr „Erneuerungs-Programm“ umsetzen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen bereits festegzurrten Katalog von Maßnahmen, sondern vielmehr um eine sich ständig erweiternde und anpassende Vorstellung von dem, was die Basis für eine Erneuerung ihrer Partei als nötig ansieht.
Entscheidungen sollen nicht nur besser an die Mitglieder der Partei kommuniziert werden; die Mitglieder sollen vielmehr an den Entscheidungen ihrer Partei mitwirken. Hierzu bedarf es einer neuen Debattenkultur in der SPD. In Basiskongressen soll über die verschiedenen Themen debattiert werden. Gesellschaftliche Probleme seien durch die Gesellschaft zu lösen, sagte Simone Lange.
Dass ihr die Mitwirkung der Basis wichtig ist und dass sie diese stärken will, zeigt sich auch durch ihre konkrete Forderung nach Einführung der Urwahl des Parteivorsitzenden und des Kanzlerkandidaten.
Zudem soll die Digitalisierung auch in der SPD Einzug halten: Ortsvereine und Arbeitsgemeinschaften sollen sich besser vernetzen und austauschen können; ein Antragsportal eingerichtet werden.
Andrea Nahles nimmt sie vor allem als Vertreterin eines vollkommen anderen Systems wahr. Gerne beschreibt die Parteiführung die Fraktionsvorsitzende in letzter Zeit als ein notwendiges „Kraftzentrum“. Für Simone Lange bedeutet dies aber ein zentralisitisches Verständnis von innerparteilicher Demokratie, gegen das sie sich entschieden streubt.
Aufräumen mit der Agenda-Politik
Programmatisch setzt Simone Lange vor allem auf ein „Aufräumen mit der Agenda-Politik“. Sie forderte das Ende des Sanktionssystems und setzte dem ein „Sytem der Anreize“ als Alternative entgegen. Bedarfsgemeinschaften und die Verrechnung verschiedener Sozialleistungen gegeneinander gehörten ebenfalls abgeschafft.
Gerechte Löhne seien dringend nötig. Wenn Menschen so wenig verdienen, dass sie ihren Lohn vom Amt aufstocken lassen müssen, entsteht ein sozialer Arbeitsmarkt neben dem regulären. Dabei setze Simone Lange voraus, dass „der reguläre Arbeitsmarkt bereits ein sozialer sein muss“.
Generall stelle sich die Frage, wessen Interessen die SPD politisch vertreten will. Für wen soll sich die Partei einsetzen? Und es gebe durchaus Interessen, für die sich die SPD nicht einsetzen muss, stellte Simone Lange klar und ergänzte: „Wer zu allen Seiten offen ist, der ist am Ende nicht mehr dicht.“
Eine neue sozialdemokratische Idee für Europa
„Lasst uns darüber reden, wie die Zukunftslösungen aussehen!“, rief sie ihren Zuhörern zu. Diese Zukunft versteht sie insbesondere auch als eine europäische. Gerade in der momentanen Krise der Sozialdemokratie in ganz Europa sei es wichtig, dass sich die SPD verstärkt mit ihren euopäischen Schwesterparteien austauscht, um eine neue sozialdemokratische Idee für Europa zu entwickeln.
Außerdem regte Simone Lange ein neues Grundsatzprogramm an. Das Hamburger Programm seininzwischen elf Jahre alt und vieles hätte sich verändert.
Fairness vor Freihandel
Zum Abschluss hatte das Publikum Gelegenheit, Fragen direkt an Simone Lange zu richten. So wurde sie unter anderem von einem SPD-Mitglied nach ihrer Meinung zur Entwicklungspolitik in bezug zu Freihandelsabkommen wie etwa TTIP oder CETA gefragt. Simone Lange antwortet darauf, dass sie sich mit Blick auf den Nord-Süd-Konflikt eher „Fairness-Abkommen“ wünsche.
Der Tenor der Wortmeldungen machte deutlich, dass Simone Lange den Anwesenden aus dem Herzen sprach. Oft wurde auch gelobt, dass die Rede ohne Fremdwörter auskam und in einer Sprache gehalten wurde, die jeder verstehen könne. Insgesamt überzeugte Simone Lange durch ihr authentisches und kompetentes Auftreten.