„Konzeptloser Haushalt ohne einen Plan.“

Liane Fülling, Ihre Bürgermeister für Versmold
Liane Fülling

Zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2016

Zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2016 in der Sitzung der Stadtvertretung am 10.12.2015 erklärte die Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion Liane Fülling folgendes:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister
Sehr geehrte Ratsmitglieder
Sehr geehrte Damen und Herren

Haushaltsberatungen gehören zu den schwierigsten, aufwendigsten und vielleicht auch wichtigsten Entscheidungen, die wir hier im Rat zu treffen haben. Mit einer Abstimmung werden hier Weichen für ein ganzes Jahr gestellt – da ist es selbstverständlich, dass sich verantwortungsvoll handelnde Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker die Haushaltsberatungen und die abschließende Entscheidung, ob sie bei „Ja“ oder bei „Nein“ die Hand heben, nicht einfach machen.

Denn natürlich wissen wir, dass auch die vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung viel Arbeit und Mühe in so einen Haushaltsentwurf stecken. Und deshalb ist es auch so schade, wenn wie in diesem Jahr die Verletzung einfachster demokratischer Spielregeln die wichtigen Haushaltsberatungen trübt. In einem Haushaltsplan gibt es immer Licht und Schatten, aber bisher – oder inzwischen wieder – haben wir es in den allermeisten Fällen fraktionsübergreifend, aber auch zwischen den Fraktionen und der Verwaltung geschafft, einen vernünftigen Umgang miteinander zu pflegen und eine gute Arbeitsatmosphäre herzustellen.
Zu meinem großen Bedauern scheinen dieses Jahr diese Spielregeln nicht zu gelten. Das möchte ich zunächst einmal so stehen lassen und werde das später noch weiter erläutern. An dieser Stelle will ich dazu nur noch sagen, dass dieser Sachverhalt nicht der alleinige entscheidende Punkt für unser Abstimmungsverhalten in der Frage des Haushalts ist. Sehr wohl aber ist es ein Baustein, denn wir wünschen uns einen anderen, einen besseren Umgang miteinander.
Zunächst aber zu den angesprochenen Licht- und Schattenseiten des Haushalts.
Um mit etwas Positivem anzufangen: Wir freuen uns darüber, dass in diesem Haushalt der Kreditrahmen ermöglicht wird, damit wir als Stadt in der Flüchtlingsfrage handlungsfähig bleiben. Die Menschen, die in großer Zahl unter anderem aus Syrien, aus dem Irak, aus Afghanistan zu uns kommen, brauchen unsere Hilfe, unsere Nächstenliebe und unsere Mitmenschlichkeit. Das kann man mit Bezug zum Christentum begründen, muss es aber nicht: Für jeden aufgeklärten Menschen ist es in meinen Augen nachvollziehbar, dass wir alles menschenmögliche leisten müssen, um denen zu helfen, die in ihren Heimatländer Furchtbares erlebt haben.
Es ist schon eine große Herausforderung, diesen Flüchtlingen Unterkunft und eine vernünftige Versorgung mit dem Nötigsten zur Verfügung zu stellen. Dabei ist diese Herausforderung sowohl organisatorischer als auch finanzieller Natur. Viele Ehrenamtliche, aber ganz besonders auch in der Verwaltung leisten im Moment dafür sehr viel. Dafür bin ich und meine Fraktionskolleginnen und Kollegen dankbar. Versmold und viele andere Städte zeigen im Moment, dass es bei uns eine wirkliche „Willkommenskultur“ gibt und ich hoffe, dass wir diesen Weg weitergehen.
Integration fängt aber bei Unterkunft und Versorgung erst an. Die Flüchtlinge, die dauerhaft bei uns bleiben werden, brauchen vor allem Möglichkeiten zum Spracherwerb, um sich bei uns wirklich integrieren zu können. Die Sprache ist für die übergroße Mehrheit der beruflichen Chancen, die es bei uns gibt, eine maßgebliche Voraussetzung. Diese Menschen wollen arbeiten, dazu bringen eine ganze Menge von ihnen Qualifikationen mit, die wir gut gebrauchen können. Sie mit Sprachkursen in die Lage zu versetzen, sich verständigen zu können, ist deshalb der erste Schritt auf dem Weg zur Integration.
Aber diesen Weg zu gehen, den Weg übers Wohnen zur Bildung zur Arbeit, das kostet natürlich Geld. Insofern ist eine Kreditermächtigung hier der richtige Weg. Erlauben Sie mir bitte den Hinweis, dass die SPD-Fraktion dies auch im vergangenen Jahr schon gefordert hat und dafür eher belächelt wurde. Aber gut – wir freuen uns auch über verspätete Bestätigung…
Ein wichtiger Hinweis in der Flüchtlingsfrage muss noch sein: Wir in der SPD-Fraktion unterstützen die genannte Willkommenskultur sehr, wir sind sehr dafür, die zu uns kommenden Menschen aufzunehmen und ihnen zu helfen. Es darf dabei aber nicht der Eindruck entstehen, dass der Rest der Bevölkerung vergessen wird, es darf keine Neid-Debatte entstehen. Klar muss sein: Was wir tun, tun wir zusätzlich, nicht auf Kosten anderer Maßnahmen, die anderen Menschen zu Gute kämen. Wir schichten nicht um, wir leisten mehr. Nur so und mit viel Kommunikation der Fakten kann man m.E. dem Rechtspopulismus und dem Rechtsextremismus Einhalt gebieten.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister
Sehr geehrte Ratsmitglieder
Sehr geehrte Damen und Herren

unabhängig von möglichen Krediten bleibt der sparsame Umgang mit Haushaltsmitteln natürlich maßgeblich. Dem verschließen auch wir uns nicht. Dabei muss allerdings auch gesagt werden, dass Sparen nur mit Augenmaß Sinn macht. Und die Aufgabe des Sparens steht auf der einen Seite – die Aufgabe die Zukunft unserer Stadt zu sichern, auf der anderen.
Insofern macht es Sinn, jeden Cent zwei Mal umzudrehen, aber wichtige Ausgaben trotzdem zu tätigen. Und davon gibt es in unseren Augen einige, die sich leider nicht im Haushaltsplan wiederfinden.
Auf drei solche für unsere Zukunft wichtige Projekte will ich im Folgenden kurz eingehen:
Erstens:
Dass ein neues Gerätehaus für die Feuerwehr in Hesselteich, unserem kleinsten Ortsteil, nötig ist, ist hier glaube nicht mehr streitig. Wenn aber tatsächlich 2018 die Einweihung sein soll, brauchen wir mehr als einen Planungsansatz von 10.000 Euro, wie wir ihn im Haushaltsplan wiederfinden. Bei erwarteten Gesamtkosten von ca. 500.000 Euro müssen wir jetzt anfangen. Da führt in meinen Augen kein Weg dran vorbei. Zumal es hier um die Sicherheit der Menschen in Hesselteich und ganz Versmold geht. Insofern ist hier dringend eine höhere und realistische Ansatzplanung nötig.

Zweitens:
Der Posten der Fahrbahnsanierung ist deutlich zu niedrig angesetzt. Die eingeplante Summe reicht nicht aus, auch die Erhöhung um 100.000.- Euro sichert noch nicht alles was nötig ist, auch zu erledigen.
Nur wir wollen den unaufhaltsamen Weg auf die Kennzahl fünf – ein Mangelhaft verhindern.

Drittens:
Wir wissen, dass die Verwaltung unter großem Druck steht und meine Fraktionskolleginnen und –Kollegen und ich – wir sind dankbar für die dort geleistete Arbeit und erkennen diese sehr wohl an. Kosteneinsparungen durch eine Arbeitsverdichtung sind in unseren Augen daher kaum noch möglich. Wohl aber ist es möglich Abläufe zu optimieren und sich Zuordnungen genau anzusehen. Wir glauben, dass ein Organisationsgutachten hierfür der richtige Weg ist, andere Kommunen haben damit gute Erfahrungen gemacht. Es geht hier darum gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Verwaltung vernünftige Wege zu finden, um die anfallende viele Arbeit noch besser als bisher zu erledigen. Das ist ganz deutlich keine Kritik an der Verwaltung, sondern vielmehr ein Angebot, um nach neuen und besseren Wegen zu suchen.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister
Sehr geehrte Ratsmitglieder
Sehr geehrte Damen und Herren
wie gesagt: Es gibt Licht und Schatten in diesem Haushaltsplan. Allerdings mussten wir in der SPD-Fraktion feststellen, dass der Schatten in diesem Entwurf leider überwiegt. Wir sind der Überzeugung, dass das Motto „Wir müssen den Gürtel enger schnallen“ für die Zukunft Versmolds zu wenig ist. Wir vermissen einen Plan, ein Konzept, eine Idee für die Zukunft unserer Stadt.
Dazu kommt dann noch der eingangs angesprochene Punkt der Verletzung demokratischer Spielregeln. Nur kurz zur Einordnung: Wenn die Mehrheit des Rates einen Beschluss fällt, dann ist der Bürgermeister daran gebunden, ob ihm das gefällt oder nicht. Er kann diesen Beschluss vielleicht rechtlich beanstanden, dafür gibt es Mittel und Wege. Aber einfach mit Ignoranz antworten und einfach nichts tun, dass kann er nicht.
Genau das geschieht hier aber leider in Bezug auf die zwei neuen Ausschüsse, deren Bildung hier vor 1 1/2 Jahren vom Rat beschlossen wurde. Dass dieser Beschluss gefällt wurde, bezweifelt glaube ich niemand, ansonsten empfehle ich einen kurzen Blick ins Protokoll der konstituierenden Sitzung. Wir halten die Themen Energie, Klima und Umwelt auf der einen Seite, und Integration, Generation, Inklusion und Soziales auf der anderen Seite für so wichtig, dass sie eigene Ausschüsse verdienen – aber ich will hier nicht noch einmal die gesamte sachliche Diskussion führen.
Tatsache ist aber, dass der Bürgermeister trotz des Beschlusses, der sogar noch einmal bestätigt wurde, es nicht für nötig gehalten hat, 1. Bei der Einbringung des Entwurfs die richtigen Haushaltsansätze zu bilden oder wenigstens 2. bei der Bestätigung im Hauptausschuss die entsprechenden Haushaltsansätze anzupassen. Ich verstehe sehr wohl, dass man sachlich unterschiedlicher Meinung sein kann. Man kann selbstverständlich der Meinung sein, dass die Ausschüsse und die zusätzlichen Ausgaben für Ausschussvorsitzende unnötig sind. Darüber haben wir gesprochen und wir haben gemeinsam entschieden.
Was aber nicht geht, ist sich einfach über diese Entscheidungen hinwegzusetzen. Da werden die ganz grundsätzlichen Regeln des Miteinanders von Politik und Verwaltung, von Rat und Bürgermeister verletzt. Entsprechend finde ich die Nichtanpassung des Haushaltsansatzes erstens respektlos gegenüber diesem Gremium und zweitens respektlos gegenüber der Demokratie in unserer Kommune. Oder anders gesagt: Wenn den Bürgermeister die Beschlüsse des Rates in Zukunft einfach nicht mehr interessieren, wenn sie ihm nicht gefallen, dann steht uns hier ja noch eine spannende Wahlperiode bevor.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister
Sehr geehrte Ratsmitglieder
Sehr geehrte Damen und Herren
unter den genannten Bedingungen wird es Sie nicht verwundern, dass die SPD-Fraktion diesem Haushaltsentwurf die Zustimmung verweigert und mit Nein stimmen wird.
Auf einen einfachen Satz gebracht: Hier ist uns zu wenig Zukunft drin. Hier ist zu wenig drin, was uns weiterbringt. Hier wird unter dem Deckmantel des Sparens nur der Status Quo verwaltet. Wie gesagt wir vermissen einen Plan, ein Konzept oder auch nur eine Idee. Das wird unserer gemeinsamen Verantwortung für Versmold nicht gerecht.
Vielen Dank.